Teil1, veröffentlicht (Der 24.02.22 eine Zeitenwende oder eine Wende gegen die Zeit des Westens?)
Teil3, in Arbeit (von der kollektiven, riskanten Traumabewältigung des Westens)
Teil4, in Arbeit (der Ukrainekrieg, an dem alles sich letztendlich offenbarte)
Autor: Carsten Bluck


Anmerkung vorab
Um es wie in Teil 1 bereits gesagt, vorweg zu nehmen, ich pflege selbst zu denken, bekomme auch kein Geld aus dem Kreml und an all jene, die mich der russischen Propaganda zeihen, weil ich vermeintlich Argumente des Kremls wiederkäue, sie sollten sich mit meinen Argumenten auseinandersetzen und nicht ob ihrer Faulheit zu denken oder eines Unvermögens sich auf mich argumentativ einzulassen, mir ein Etikett, wie „Sprachrohr Putins“ oder „Putin Versteher“ aufkleben, in dem Glauben, meine Argumente entkräftet zu haben. Streit in einer Wissenschaft geht anders! Vielleicht liegt es daran, dass ich neben Politikwissenschaftler auch Physiker bin und Dogmen einer Ideologie nie sonderlich schätze und das Verunglimpfen von Abweichlern von diesen Dogmen auch nie als Meinungsstreit sah!

 

Zunehmende Verlustängste, das Trauma des Westens
Teil 1 meiner vierteiligen Abhandlung endete mit meiner Behauptung, dass der Westen und hier besonders die Führungsmacht USA nicht an einem Multilateralismus interessiert ist, die Gestaltung der Welt mit anderen Ländern unterschiedlicher Werte- und politischer Systeme zu teilen. Er wie in den Zeiten der Imperien von Karthago und Rom, wie vor über 2000 Jahren, funktioniert, mit dem Ansatz „Die oder Wir“. Seit 1990 verfügte, die übermächtigen USA, im Vergleich zu ihren Bündnispartnern über die Gestaltung der Welt nach ihrem Duktus, mangels gleichstarker Gegenkräfte, innerhalb und außerhalb des westlichen Bündnisses.

Doch wer hätte das gedacht, nach 2012 waren alte Mächte erstarkt und neue strebten auf!
Tolerierten die Mächte außerhalb des Westens noch mangels eigener Kraft die Neuordnung Europas ab 1990, in der letzten Dekade des vorigen Jahrhunderts, unter Ausschluss Russland, indem der Westen unangefochten den Balkan europäisieren konnte. Dafür steht als Sündenfall der völkerrechtswidrige Krieg der NATO gegen Serbien (1999), wozu es kein UN-Mandat gab, nur eine Eigenermächtigung wegen serbischer Verbrechen gegen Kosovaren. Damit setzte er die Macht des Stärkeren ein und gab der Macht des Rechts, des Völkerrechts, keine Chance.

Oder reden wir von der ersten Dekade dieses Jahrhunderts von all den desaströsen Systemwechselversuchen, die der Westen besonders nach 2003 in arabischen Staaten initiierte, kriegerisch begleitend durchführte. Übrigens in Länder, in denen Erdöl bzw. Erdgas vorkommt.

Doch die mangels eigener Kraft noch ab 1990 gewährte Toleranz der Länder außerhalb des Westens gegenüber dem Handeln des Westens verlor sich bald. Die aufsteigenden Mächte rüttelten zunehmend an der Weltordnung a la USA, und seiner Bündnispartner.

Für die einzig verbliebene Supermacht nach 1990, wuchs sich Widerstand gegen ihre Globalpolitik aus: Innerhalb des westlichen Bündnisses 2003, mit dem Nein Deutschlands und Frankreichs zur Teilnahme an der völkerrechtswidrigen Aggression der USA gegen den Irak, außerhalb des Bündnisses 2008 mit dem Stellvertreterkrieg Russlands gegen Georgien, somit der Unmöglichkeit dieses Land in die NATO aufnehmen zu können; 2012, der militärischen Unterstützung Russlands für Syriens Präsidenten Assad; 2014, der Annexion der Krim durch Russland; 2022, dem Ukrainekrieg und nicht zuletzt der Zuspitzung des Taiwankonfliktes zwischen China und den USA.

Als sich der Westen im UN- Sicherheitsrat, wie aber auch in der UNO-Vollversammlung im Mai 2022 um Unterstützung für seine bis dahin, geschichtlich gesehenen, unverhältnismäßigen Sanktionen gegen einen Aggressor, gegen Russland bemühte, verweigerten ihm die aufsteigenden Mächte China, Indien, Brasilien und Südafrika die Gefolgschaft, wohl wissend um die Botschaft dieser Sanktionen. Wer sich der Hegemonie des Westens, seiner Führungsmacht den USA in den Weg stellt, hat mit solchen Sanktionen, wie sie auf Russland niedergehen, zu rechnen.

Einen anderen Schluss wegen der außerordentlichen, einmaligen und ausschließlich auf Russland bezogenen Sanktionen kann man nun nicht mehr ziehen als den, einen Widerpart, eine aufsteigende Globalmacht aus dem Weg zu räumen oder mindestens schwer zu beschädigen. Denn solche Sanktionen ob ihrer Vernichtungsabsichten mittels konzertierter, durch alle westlichen Länder vorgetragener Zerstörungsabsichten der wirtschaftlichen und militärischen Handlungsfähigkeit Russland, also auf das Rückgrat dieses Landes zielend sind exorbitant. Bis dahin gab es derart Vergleichbares nicht bei anderen Aggressionen, auch nicht bei denen der USA.

Ein historischer Vergleich drängt sich da förmlich auf, als die USA 1945 ihre beiden Atombomben über Japan abwarfen, was innerhalb von einer Sekunde ca.100000 Japanern das Leben kostete, war das nicht nur eine Machtdemonstration für Japan, sondern mehr noch eine Botschaft an den Rest der Welt, den Anspruch der USA auf Hegemonie in der Welt zu formulieren.

Da mit den westlichen Sanktionen nach der russischen Aggression vom 24.02.22 eine Unverhältnismäßigkeit entstand war das eine Botschaft. Der Anspruch auf globale Hegemonie des Westens, ihm nicht in die Quere zu kommen. Ich denke diese Botschaften kamen in China, Indien, Brasilien und Südafrika an, woraus sich Widerstand gegen die Globalpolitik des Westens zu formieren begann, diese Führerschaft des Westens nicht zu akzeptieren, was der Westen als Verlust globaler Akzeptanz und Handlungsfähigkeit sehen musste. Diese Länder repräsentieren über 40 % der Weltbevölkerung,

Doch zurück zu Verlusten und Verlustängsten, die vor 2022 datierten. Bereits im Jahr 2015 anerkannte der spätere US- Präsident Trump mit dem Slogan „make Amarica great again“ und „Amarica first“ die bis dahin erlittenen, gefühlten Verluste der US-Amerikaner, er verknüpfte diese Erkenntnis mit einer Motivation seinen Anhängern einen Weg weisen zu können. Doch erinnern wir uns an die Lage der US-Nation, wie sie Zbigniew Brzezinski Mitte 1990 zeichnete:

„Kurz, Amerika steht in den vier entscheidenden Domänen globaler Macht unangefochten da: seine weltweite Militärpräsenz hat nicht ihresgleichen, wirtschaftlich gesehen bleibt es die Lokomotive weltweiten Wachstums, selbst wenn Japan und Deutschland in einigen Bereichen eine Herausforderung darstellen mögen (wobei freilich keines der beiden Länder sich der anderen Merkmale einer Weltmacht erfreut); es hält seinen technologischen Vorsprung in den bahnbrechenden Innovationsbereichen, und seine Kultur findet trotz einiger Mißgriffe nach wie vor weltweit, vor allem bei der Jugend, unübertroffen Anklang. All das verleiht den Vereinigten Staaten von Amerika eine politische Schlagkraft, mit der es kein anderer Staat auch nur annähernd aufnehmen könnte. Das Zusammenspiel dieser vier Kriterien ist es, was Amerika zu der einzigen globalen Supermacht im umfassenden Sinne macht. „[1]
All das verleiht den Vereinigten Staaten von Amerika eine politische Schlagkraft, mit der es kein anderer Staat auch nur annähernd aufnehmen könnte.[2]

Beide Aussagen, die von Trump 2015 und Brzezinski Mitte 1990 stehen im krassen Widerspruch, da ging in nicht einmal 20 Jahren sehr viel verloren, Führungsmacht, Führungskraft, Ansehen und nicht zuletzt politische Schlagkraft, etwas was die einzig verbliebene Supermacht, die USA aber auch der Westen, hatte und nun nicht mehr besaß.

Politologen sagten Russland mit dem Untergang der Sowjetunion, dem Verlust nicht mehr Supermacht zu sein nach, in ein Trauma geraten zu sein! Ich denke in ein Trauma geriet nun auch die USA und der Westen als Ganzes ab 2012.

Der Slogan eines Mannes berechtigt mich nicht von kollektiven Verlustängsten in den USA, im Westen sprechen zu können. Wenn er da nicht gerade mit dieser Überzeugung den Nerv von US-Bürgern getroffen hätte, die ihn gerade, weil sie es genau so sahen und sehen wie er, ihn von 2016 bis 2021 zum Präsidenten machten und 2020 mit einer noch immer großen Zahl, ihm die 2. Amtszeit geben wollten. Das Ergebnis ist bekannt, Joe Biden gewann die Präsidentenwahl. Abzuwarten bleibt, was die Midterms im November 2022 oder gar die Präsidentschaftswahlen 2024 für die Anhänger Trumps, also jene, die die Verluste der USA wahrnahmen, diese aufhalten wollen, bringen wird.

Ähnliche Prozesse zu Verlustängsten in der Bevölkerung sehen wir auch unter den Europäer, was auch hier einen Aufwind nationalistisch orientierter Parteien bewirkte.

Natürlich erreichten die kollektiven Verlustängste in der Bevölkerung, auch und vor allem jene, die sich von Berufswegen mit der Politik beschäftigen, die nach dem gesellschaftlich Machbaren suchen sollten, um Politik treiben zu können, die Politiker, Politikberater und Journalisten. Zumal sie als besondere Nutznießer dieser gewohnten Allmacht des Westens sich geradezu als personifizierte, einzig verbliebene Supermacht nach 1990 sahen und sehen, als Mitglieder dieses elitären Clubs, dem WESTEN! Sie müssen regelrecht ihre Felle davonschwimmen sehen.

Den Beginn der kollektiven Verslustängste des Westens datiere ich ab 2012, die offene Unterstützung Russlands in Syrien dort einen Systemwechsel a la USA zu unterbinden. Wo er auch da eine bis dato unangefochtene Hegemonie, unter seiner Führungsmacht den USA, nicht mehr ausüben konnten. Wie schon angeführt Präsident Trump erkannte diese Verluste 2015 und eine große Zahl von US- Bürgern folgte ihm, auch heute noch!

Nach 2012 ergaben sich somit für den vermeintlich mächtigste Mann der Welt Grenzen seiner Macht. Er war nun, nur noch mächtig, aber nicht mehr der mächtigste Mann der Welt! Dieser Spruch mag wehmütig in Hollywood oder einigen Medien, aber auch von jenen Politikern, Politikberatern und Journalisten gepflegt sein, die sich selbst als personifizierte Supermacht sehen, doch der Realität entspricht er nicht mehr.

Ich denke, die kollektiven Verlustängste des Westens, seiner Führungsmacht und hier besonders unter den Politikern, Politologen und Journalisten sind belegbar. „Es stimmt nicht, dass es angesichts dieses Krieges (der Ukrainekrieg gemeint, der Autor) keine Alternativen zur Sanktionspolitik gibt. Es wird nicht einfach das Steuer herumzureißen. Zu viele waren beteiligt am Weg in die falsche Richtung.“[3]

Auch dem kollektiven Trauma wohnt eine beginnende Traumabewältigung inne, doch damit befasse ich mich im nächsten Kapitel.

 

Quellenverzeichnis
[1]  S 42, Zbigniew Brzezinski, Titel: DIE EINZIGE WELTMACHT,
Amerikas Strategie der Vorherrschaft, Kapitel –Hegemonie neuen Typs
[2] S 42, Zbigniew Brzezinski, Titel: DIE EINZIGE WELTMACHT,
Amerikas Strategie der Vorherrschaft, Kapitel –Hegemonie neuen Typs
[3] Antje Vollmer, Gastbeitrag in der Berliner Zeitung vom 16.07.22

Published by Carsten Bluck

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